Leseprobe "Bittersüßer Vogel Freiheit"

Bittersüßer Vogel Freiheit

Bittersüßer Vogel Freiheit

Ein bisschen Frieden, ein bisschen Freiheit für diese Erde, auf der wir wohnen..." Nicole, Grand Prix, 1982. Die hübsche 17-jährige Sängerin sitzt da allein auf der Bühne mit ihrer Gitarre und singt ihr Lied. Millionen von Menschen hören ihr zu. Lieben ihr Lied. Sie siegt. Das erste Mal gewinnt eine Deutsche den Grand Prix. Deutschland ist ganz aus dem Häuschen.

Ich erinnere mich an damals als wäre es erst gestern gewesen. Ich war gerade acht Jahre alt. Auch ich habe diesen Song geliebt und trällerte ihn bestimmt tausend Mal vor mich hin. Im Ferienlager, in der Badewanne, alleine oder mit meinen Freundinnen, vor meiner ersten Stereoanlage, mit der ich auch gleich meinen eigenen Sing-Versuch auf Kassette aufnahm. Dieser Song löste in mir einfach etwas aus. In meinen melancholischen Momenten heulte ich Rotz und Wasser zur Melodie. In guten Stunden strahlte ich einfach, wenn ich ihn vor mich hin summte.

Freiheit! Ich wollte immer frei sein, in Freiheit leben und meine Freiheit genießen. Schon damals als Kind spürte ich diesen Drang ganz tief in meinem Herzen.

Seitdem sind viele Jahre ins Land gegangen. Ich bin eine erwachsene Frau, 40 Jahre jung, habe zwei Kinder, zwei Ex-Männer, unzählige Ex-Freunde und -Freundinnen. Ich habe diese Freiheit gesucht, auf unzähligen Reisen, in den verschiedensten Konstellationen, Beziehungen und Situationen. Ich war reich, ich war arm. Ich war gesellig. Ich war einsam. Ich war oft glücklich und oft unglücklich. Aber richtig frei war ich nie.

Ich erinnere mich noch zu gut an die vielen schwachen Momente, in denen ich scheinbar grundlos ins Leere fiel und mich fühlte als hätte man mir die Flügel an den Körper gebunden. Kaum einer ahnte etwas davon. Ich war doch ein Glückskind, geküsst und gesegnet vom Schicksal, alles verlief toll. Auch ich wusste nicht, was mit mir los war. Mir ging es doch gut. Ich musste doch dankbar sein für das, was ich hatte. War ich aber nicht. Manchmal schon, aber meistens fehlte irgendetwas und das musste ich ändern. So konnte es nicht weitergehen, dann lieber gar nicht. Also gesagt, getan und Freiheit suchen und bitte bitte auch finden!

Hier nur so viel vorweg. Ich machte mich auf die Suche nach Freiheit – in den verschiedensten Konstellationen. Und ich fand sie. Mit Hilfe der Spiritualität...

Heute löst Nicoles Song keinen Kummer und keine Sehnsucht nach Freiheit mehr in mir aus. Wenn ich den Song höre, freue ich mich und erinnere mich gern an die alten Zeiten. Dann sehe ich mich wieder vor dem Kassettenrekorder meinen Nachsing-Versuch aufnehmen und schmunzele. Ich fühle mich frei, so frei, wie ich es wohl nie für möglich gehalten hätte.

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